Donnerstag, 6. November 2008

Flugzeugabsturz am Dienstag

Es ist im Moment nicht ganz so einfach, die Dinge zu verstehen, die in dieser Woche hier passiert sind.

Nach einem Wochenende voller Feierlichkeiten anlässlich des Día de Muertos am 1. und 2. November, mit wenig Schlaf, vielen gesammelten Eindrücken und einer Menge Spass begann die Woche voller Erwartungen an die amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Anscheinend schienen diese mich weitaus mehr zu interessieren als die meisten Mexikaner in meinem Umfeld; die Beziehung zum grossen, scheinbar übermächtigen Nachbarn im Norden ist ziemlich kontrovers, es gilt sie etwas genauer zu betrachten.

Am Dienstag Abend dann, gegen sieben Uhr, als an der Ostküste schon die ersten Stimmen ausgezählt wurden, verbreitete sich sehr schnell die Nachricht eines Flugzeugabsturzes im Stadtteil Polanco, kaum eine Viertelstunde von mir entfernt. Schnell stellte sich heraus, dass die Insassen des Kleinflugzeugs hochrangige Mitglieder der mexikanischen Regierung waren, unter anderem Juan Camilo Mouriño, Innenminister und rechte Hand des Präsidenten und einer der obersten Bekämpfer der Drogenkartelle, José Luis Santiago Vasconcelos. Die Fernsehsender schalteten an dem Abend regelmässig zwischen Obamas Siegesfeier in Chicago und dem Unfallort am Periférico hin und her, zwischen jubelnden Menschenmassen im Grant Park und einem Flammenmeer in Polanco.

Obwohl die beiden Flughäfen gefährlich nahe zwischen grossen Wohngebieten liegen und Tausende von Fluzeugen jeden Tag über der Stadt kreisen, war es das erste Mal, dass es ein derartiges Unglück im Zentrum Mexiko Stadts gegeben hat. Ein Zufall, dass dies ausgerechnet einem privaten Kleinflugzeug mit zwei der wichtigsten Politiker des Landes passiert?

Im Gespräch mit Leuten hier wird mir erzählt, dass die beiden, vor allem Vasconcelos keine weissen Westen hatten, und ihre Namen u.a. in Verbindung mit Korruption genannt werden. Andererseits haben sie zusammen mit Präsident Calderón dem organisierten Drogenhandel den Krieg erklärt, was man hier immer wieder liest und hört.

Augenzeugen berichten angeblich, das Flugzeug habe schon vor dem Aufprall im Flug gebrannt, in den Medien wird dies allerdings nicht bestätigt. Offiziell wird im Moment ermittelt und die Ursachen geprüft. Inoffiziell redet in diesen Tagen jeder offen über einen weiteren Anschlag der Drogenmafia, diesmal als ernstzunehmende Warnung an den Präsidenten persönlich. Meinen Kollegen zufolge würde dies vom Fernsehen oder der Presse allerdings nie zugegeben.

Der Vorfall ist hier im Moment allgegenwärtig, zwei Blocks von mir entfernt wurden gestern die Toten aufgebahrt, mein Weg zur U-Bahn war von Kamerateams und Polizisten versperrt. Es ist Gesprächsthema Nummer eins und auf allen Titelblättern.

Wir werden sehen, wie sich die Situation entwickelt, nichtsdestotrotz fühle ich mich weiterhin wohl und sicher hier.

2 Kommentare:

*r hat gesagt…

hey Nils!
ein wirklich toller blog mit super texten!
aber das war ja auch nicht anders zu erwarten...

lieben gruß aus dem nassen liverpool,
rouven

Kurt Heuvens hat gesagt…

sehr gut nils, hat dir der max aber ne hübsche seite gemacht.
bleib mal aktiv im blogger business und schreib mal wieder was...

k